Der Verstand ist nun mein Freund. Lange war es nicht so, lange hatte er viele Rollen inne, doch Feind war er nie einer. Oft höre ich Aussagen, wie:
“Höre nur auf dein Herz. Wenn der Verstand nicht wäre. Der größte Konflikt ist zwischen deinem Verstand und deinem Herzen. Mein Verstand lässt mich einfach nicht in Ruhe. Ich möchte einfach nur meinen Frieden haben. Schalte deinen Verstand aus.”
Wenn auch du diese Aussagen kennst, dann ist dieser Artikel für dich. Wenn du erlaubst, befreie ich dich von diesem Konflikt. 🙂 Ich erzähle dir nun einige Aspekte, die am Ende ein großes Ganzes ergeben.
Erster Teil: Nach den Veden besteht der Verstand aus vielen Teilen. Die vier Hauptbereiche sind Erinnerung, Beobachtung, Verstehen, Vorstellung. Diese vier Bereiche sollten immer klar voneinander getrennt sein. Also, beobachte ich, sollte sich nicht die Erinnerung oder Vorstellung mit einbringen.
Wenn ich verstehe, sollte sich nicht die Erinnerung einmischen. Erinnere ich mich, sollten sich nicht Horrorvisionen der Zukunft (Vorstellung) mit einbringen. Wir leiden also an unserem Verstand, weil wir nie gelernt habe ihn zu beherrschen.
“Der Verstand ist ein wildes Pferd, das gezähmt werden muss.” Buddha
Zweiter Teil: Eine weitere Praxis in der Meditation ist den Verstand als bellenden Hund oder Affen anzusehen. Ich persönlich empfinde dies als eine Abwertung. Der Verstand kann nichts dafür, wenn er missbraucht wurde und seine Bestimmung pervertiert wurde. Heutzutage läuft bei den meisten Menschen alles über den Verstand. Alle Entscheidungen wollen vom Verstand getroffen werden, obgleich nach Studien dies selten der Fall ist.
Wenn ich eine Krankheit begreife, tue ich dies immer erst zum Schluss, wenn ich schon geheilt bin, er steht am Ende. Der Verstand ist nicht dafür geschaffen Entscheidungen zu treffen. Laut Studien nimmt das Unterbewusstsein ca. 275.000 Mal so viele Eindrücke pro Sekund auf, wie das Bewusstsein. Dem Verstand fehlen schlicht weg die nötigen Informationen um Entscheidungen zu treffen.
Dritter Teil: Verstand und Gefühle gehören in der vedischen Tradition zusammen. Geist (Verstand + Gefühle), Körper, Energie (Prana). Der Grund warum Gefühle und Gedanken meist im Widerspruch stehen, ist, dass die Gedanken sich schneller bewegen können und die Gefühle langsamer reagieren.
Übt man länger einen Gedanken, entstehen Gefühle die dazu passen. Übt man diese Gefühle länger, entsteht eine Stimmung. Wir hüpfen nur allzu oft mit unseren Gedanken hin und her, haben verlernt uns zu konzentrieren und so sind unsere Gefühle meistens ein Chaos.
“Es ist schlimm, wenn man eingesperrt ist und daran leidet, doch es ist eine Tragödie, wenn man an der Freiheit leidet.” Sadguru
Wir leiden an unserer Vorstellung und an unserer Erinnerung, obwohl wir alle Freiheit hätten, glücklich zu sein.
Vierter Teil: Im Human Design gibt es mehrere Autoritäten. Damit ist der Teil in uns gemeint, der in unserem Leben immer Recht hatte, immer den Weg der höchsten Entfaltung vorgeschlagen hat.
Der Teil, wo wir im Nachhinein immer sagten. “Ich habe es gewusst.” Es gibt dort folgende Autoritäten Emotionen, Bauch, Instinkt, Herz, höheres Selbst, Zeit eines Mondzyklus. So ist nicht jeder gleich gestrickt und nicht jeder trifft Entscheidungen auf die selbe Weise, doch es gibt keine Autorität über den Verstand. 🙂
Fünfter Teil: Der Verstand dient nach meiner Erfahrung zur Planung, zum Begreifen, zum Verstehen rückwirkender Handlungen, zum Erträumen der Zukunft. Wenn er für Entscheidungen missbraucht wird, kann er nichts dafür, wenn er scheitert. Er wurde nicht dafür geschaffen.
Heutzutage läuft natürlich alles über den Verstand, weil das der einzige Bereich ist, an dem wir belogen und betrogen werden können und uns selbst betrügen und belügen können. Die Materie lügt nicht, die Energie lügt nicht, die Gefühle sind auch immer ehrlich, ehrlich als Reaktion darauf, was wir fokussiert haben. Doch der Verstand kann betrügen und lügen.
Sechster Teil: Meine Umsetzung ist, ich habe das höhere Selbst als Autorität, zu meditieren, in die Stille zu gehen, alles sein zu lassen, bis ich inspiriert werde. Es dauert bei mir lange und ich rede auch lange, dass ich es tun will. Ich rede so lange, bis es schon keiner mehr glaubt. 🙂
Dann von einem Moment auf den anderen fällt die Feder und wird zu einem Fels. Ich handle dann, oft noch in der selben Stunde und auf einmal bin ich weg oder da. Habe ich diese Inspiration beginnt mein Verstand zu planen, Informationen zu sammeln, immer mit dem Fokus auf meine Inspiration und der Intuition. “Solange es eine Frage ist, ist es keine Antwort.” Raphael
Dann gibt es keine Frage mehr, es ist in Stein gemeißelt. Ängste gibt es, ja, doch Zweifel keine mehr. Das funktioniert für mich unglaublich gut und über Jahre hinweg entfaltet sich mein Leben.
Das ist die Weise, die für mich funktioniert. Ich kann dir also nicht sagen, was für dich funktioniert, doch eines kann ich dir sagen, die Entscheidung wird nicht über den Verstand funktionieren. 😉
Abschließende Übung: Schließe deine Augen und stell dir vor, die Sitzt in deinem Thronsaal. Um dich ist eine Schar von Dienern. Jeder dieser Diener folgt jedem deiner Befehle. Denkst du nur kurz an etwas, läuft einer Weg und versucht die Antwort auf diese Frage zu finden.
Jedes Mal, wenn du dich auf etwas konzentrierst, eine Frage stellst, dich aufregst, dich freust läuft ein Diener davon und nach und nach kehren sie mit ihren Antworten zu dir zurück. Beschwerst du dich nun über eine Botschaft deines Dieners, läuft ein Weiterer davon.
Beginnst du nun still zu sein und fängst mit “Meditation” an, so kehren selbstverständlich noch Diener zu dir zurück. Du hast wohl auch eine immense Masse davon geschickt. Lass sie also zurückkehren und lass sie gleichmütig einfach ihre Botschaft überbringen. Reagiere nicht mehr auf sie, beobachte sie nur, lass sie nur sein. Dein Fokus liegt nun auf dem Sein lassen.
Anmerkung: Journaling hat mir meine erste lange Stille im Kopf gebracht. Ich merkte mir über den Tag wiederkehrende Gedanken. Am Abend schrieb ich sie auf und fragte mich:
Was steht dahinter? Und dahinter? Bis ich zum Kern vordrang. Was ist die Lösung bzw. Was werde ich ab jetzt anders machen?
Kam der Gedanke wieder, sagte ich einfach “Danke, habe ich schon erledigt.” Nach sieben Tagen waren fast alle Gedanken verschwunden. Dies war wohlgemerkt im Ashram, ich hatte keine weltlichen Sorgen, war unter Gleichgesinnten, es gab keinen Stress.