In einer Welt, in der das Tun von höchstem Wert ist, kann nur ein Notfall die Aufmerksamkeit der Menschen binden. Durch Tun definieren die Menschen ihren Wert. Was geschaffen wurde, erhält von den Menschen ansehen. Wer nichts bringt bzw. keine Leistung mehr bringt, ist für das System nichts wert.
Viele, ich möchte alle sagen, sind in meinem Umfeld vom Tun gestresst. Das wäre noch kein Problem, würden sie Freude daran haben. Erst vor Kurzem stellte ich fest, ich wetteiferte mit den Aufgaben meiner Freunde um Aufmerksamkeit. Schon früh entwickelte ich eine Taktik, ich erzählte Drama-Geschichten.
Notfälle waren natürlich wichtiger, wie jegliche Arbeit. Bis heute ist es das einzig mir Bekannte, was die Aufmerksamkeit von Arbeitswütigen Menschen immer erweckt. Purer Instinkt, wie Hirnforscher sagen würden, Gefahren haben immer Priorität.
Vom ausgeschüttetem Adrenalin kann man süchtig werden. Deshalb sind so wenig Menschen zufrieden und glücklich. Es geht nicht einmal um Effizienz oder Effektivität, wichtig ist nur hart gearbeitet zu haben, auch, wenn man kaum etwas geschaffen hat.
Arbeit, die einem meist überhaupt nichts bedeutet, nur um ein wenig Anerkennung zu bekommen. Bekommt man diese nicht, so hilft es Drama zu spielen. Wenn schon keine Liebe, hat man zumindest die volle Aufmerksamkeit. Jahrelang habe ich mich gefragt, wieso ich immer wieder Dramen mit abrasiv veranlagten Menschen anziehe und diese Geschichten dann erzähle.
So ungern ich es zugebe, Angst und Aggression bewegen und Freunde, wie Bekannte hören mir gebannt zu. Es ist etwas, das immer funktioniert und funktioniert hat. Endlich hatte ich die ganze Aufmerksamkeit, nicht nur halb, während weiter gearbeitet wurde.
Umso mehr ich mich und meine Gefühle entspanne, desto mehr läuft dieser Drang aus. Ich lerne zu vertrauen, dass wertschätzende Menschen und Gespräche den Weg zu mir finden. Nicht mehr binden muss ich ihre Aufmerksamkeit mit künstlich erzeugten Dramas. Ich bin im Frieden mit mir selbst und plötzlich ergeben sich wundervolle Gespräche mit Bekannten und Wildfremden.
Neu ist die Gesprächskultur über die Dinge zu sprechen, die mich tief berühren und weniger, doch prägnanter zu sprechen. Dramen bewegen, doch strengten sie mich sehr an. Ganz im Gegenteil solch neue Gespräche, sie erfreuen mich noch am Tag danach. Viel zuhören, wenig sprechen, meine Gefühle fließen lassen, klare Grenzen setzen und das Gespräch verlassen, wenn es am Schönsten ist.
Gehab dich wohl! Du selbst bist frei.