Sanft zu kommunizieren ist eine Kunst und oft hat mich eine kämpferische Haltung zurückgeworfen. Mit Honig fängt man mehr Fliegen, als mit einem Eimer Gift und Galle. Ich liebte es zu diskutieren, bis zum Äußerstem. Doch obwohl ich meist gewann, änderte es nichts, die Menschen verharrten nur noch stärker auf ihrer Sichtweise. Ich sah der Menschen Probleme Lösung und sagte sie ihnen, darauf fingen die Menschen an mit mir zu streiten.
Du und Ich
Oft vertauschte ich die Perspektive. Ich sagte: “Du bist ungeduldig.”, eine negative Bewertung. Ich projiziere meine Gefühle, die ich gerade loswerden will, auf mein Gegenüber und will sie dort bekämpfen. Im Normalfall tue ich dies, wenn mir die Nervosität meines Gegenübers auf den Geist geht oder ich ihm ungebeten helfen will. So eine Aussage führte fast immer zu einer Konfrontation oder bestenfalls Unverständnis. Viel glatter und klarer wäre “Ich spüre deine Ungeduld.” bzw. “Ich spüre du bist ungeduldig.” Empfindet mein Gegenüber es nun anders, so war es nur meine Wahrnehmung. Ich setzte ein “Ich spüre… Ich fühle… Ich nehme wahr… Ich glaube…” Vor das “Du bist.”
Du nervst. – Ich fühle mich von dir getrieben.
Kannst du nicht einmal pünktlich sein? – Mich stört, dass du mich warten lässt.
Du bist so empfindlich. – Ich empfinde dich als sensibel.
Musst du mich immer gleich überfallen, wenn ich nach Hause komme? – Ich fühle mich genervt, wenn du mich gleich überfällst, wenn ich nach Hause komme.
Noch klarer wird es ohne das Du. Alle Negative (nicht) ins Positive zu wandeln und durch eine Aussage das Problem vorwegzunehmen.
Du nervst. – Ich nehme mir die Zeit, die ich brauche.
Kannst du nicht einmal pünktlich sein? – Ich mag Pünktlichkeit. *
Du bist so empfindlich. – Mich verwirrt deine Reaktion.
Musst du mich immer gleich überfallen, wenn ich nach Hause komme? – Ich brauche ein wenig Zeit, um anzukommen.
Im Positiven verhält es sich genau umgekehrt. Oft spreche ich von “Diese Leistung gefällt mir gut.” Meist geht es darum, dass seine Tat mein Leben erleichterte oder im Beruf sogar Profit brachte. Es ist angenehm, doch stärker ist “Du hast eine großartige Arbeit geleistet.” zu sagen. Noch ungewohnter ist es Eigenschaften zu erkennen, anstelle von Taten. “Du hast dich wirklich selbst übertroffen und bist über dich hinausgewachsen”
Mir fällt die Anklage leichter, als das Lob und so lobe ich lieber im Ich und bewerte im Du. Alleine diese Verschiebung brachte mir viel Anerkennung, sogar Dankbarkeit, wenn ich meine Gefühle in einer Konfliktsituation aussprach. Jedes Mal überraschte es mich, weil jede Rose der Klarheit ihre Dornen hat und ich mehr Widerstand erwartete. Mein Perspektivenwechsel führte zu mehr Selbstwahrnehmung. Rede ich über meine Gefühle, ermächtigt mich dies. Projiziere ich bzw. klage ich an, liegt das Problem bei meinem Gegenüber und diesen zu verändern ist bekanntlich schwer.
Gefühle
Die vorherrschenden Gefühle spielen eine große Rolle. Der Ton macht die Musik., wie es so schön heißt. Egal wie vorsichtig oder umgänglich meine Wortwahl, presse ich sie durch zusammengebissene Zähne, wird die Reaktion eine gänzlich andere sein.
Ich hatte einst einen Schulkollegen, der bei kleinster Kritik eingeschnappt war. Sprach ich die selben Worte mit einem Lächeln, so schmunzelte er sogar leicht. Die Frage war, “Mit welcher Intention sprach ich meine Worte?” Pikiert mich etwas, schreibe ich es mir gerne von der Leber, mal alles frei raus, bis meine Wut verraucht ist. Dann beginne ich die Du’s und Ich’s zu tauschen, nachzuforschen, was meine Gefühle sind, was Projektionen, was mich wirklich stört und was ich wirklich will.
Bei Diskussionen geht es nie um Argumente, es geht um Gefühle. Selbst mit allen Argumenten werde ich einem ängstlichen Menschen kaum davon überzeugen, wie unsinnig seine Gefühle sind. Ich kann ihm jedoch beistehen und durch mein Beispiel Mut machen, wenn er dies möchte. Ich kann ihm mitteilen, dass ich seine Angst wahrnehme und Verständnis zeigen.
Humor in Konfliktsituationen
Fühle ich mich zentriert, so ist die schönste mir bekannte Form der Humor. Beginnt jemand meine Grenzen zu überschreiten, was meist der Beginn einer Konfrontation ist, so überziehe ich sein Verhalten, kehre es durch Ironie um oder verwende Gleichnisse. Das wirkt auch wunderbar, wenn ich einen Fehler aufzeigen möchte. Der Tonfall ist bedeutend, sage ich es nur einen Hauch zu scharf, ist es Sarkasmus. Geht es um ein meinem Gegenüber ernstes Thema, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Ich verwende Humor dann zur Auflockerung, da es sonst zu noch mehr Aggression führt. Schüttet mir jemand sein Herz aus, würde ich seine Gefühle durch solch eine beständige Haltung geringschätzen. Am Eindrucksvollsten ist es, wenn ich es schaffe das Kernthema aufzugreifen und es mit Humor zu servieren.
Er erledigt eine Arbeit für mich schlampig. – Hattest du Spaß im Sandkasten?
Das Kind kleckert beim Essen. – Krümelmonster!
Er ist gerade voll in seinem Drama. – Warte kurz, ich hohle einen Stuhl… Ich möchte erste Reihe fußfrei sitzen.
Sie macht sich Vorwürfe über ihre Kleider. – Nackt bist du wunderschön.
Du bist so ruhig. – Jede Symphonie hat Pausen.
Kannst du nicht einmal ruhig sein. – Pfeife: Spiel mir das Lied vom Tod
Du kommst immer zu spät. – Sowie der Mann, der Zigaretten hohlen ging?
Gibst du auf? – Ja, den Kampf gegen Windmühlen.
Du nervst. – Gutding braucht Weile.
Konsequenzen klar vermitteln
Meist bin ich einfach aggressiv, weil meine Grenzen überschritten wurden. Ich verurteile mich selbst, weil ich es schon wieder mit mir habe machen lassen. Oft warne, drohe und verurteile ich dann. Hier bewehrte sich vorab zu entscheiden und im Ich zu kommunizieren. Mein Gegenüber hat keinen Part mehr im Drama. Es steht nicht zur Diskussion. Ich sage es nur, weil ich freundlich bin.
Wenn du noch einmal zu spät kommst, werde ich nach 10 Minuten gehen.
Wenn du mein Nein das nächste Mal übergehst, werde ich den Kontakt in Zukunft einstellen.
Dieses Verhalten empfinde ich als respektlos. Ich mag mich selbst zu sehr um das weiterhin zu tolerieren.
Überfällst du mich beim nach Hause kommen, werde ich dich ignorieren.
Verständnis et Einvernehmen
Bleibt der Versuch aus mein Gegenüber zu verstehen, ist jegliche weitere Diskussion hinfällig. Im Drama ist das eine andere Geschichte, doch jeder Sturm währt nur kurz. Durch Verständnis stelle ich mich auf die Seite meines Kontrahenten. Niemand kämpft gegen seinen Mitstreiter. Dies ist die beliebteste Methode, sie erfordert keine Courage und wird oft intuitiv angewendet. Das soll keineswegs heißen, sie sei schlecht.
Diese Form kann auch einen gemeinen Zug annehmen. “Wie meinst du das genau?” Meist haben Vorwürfe weder Hand noch Fuß. Diese Frage nimmt allzu kritischen Menschen den Wind aus den Segeln, geht jedoch schon Richtung Gegenangriff. Milder geht natürlich immer: “Wie meinst du das? Meinst du das damit? Verstehe ich dich richtig mit …?” Klasse hierbei, das Problem bleibt bei meinem Gegenüber und “Wer fragt, der führt.”.
Ich hatte in einem Job Dokumente zu sortieren und dem Generalunternehmer zu übermitteln. Die Dateiendungen und Namen mussten exakt passen, da sie abgelegt wurden. Trotz meiner Genauigkeit gab es immer wieder Diskrepanzen und mein Gegenüber beschwerte sich. Ich musste es neu machen. Eines Tages schrieb ich ihm voller Verständnis, wie schwer er es wohl haben muss all diese Dateien immer zu korrigieren. Ich sei wohl nicht der Einzige und es wird ihm wohl sehr viel Zeit kosten. Ich bin noch neu und werde mich in Zukunft bemühen solche Fehler zu vermeiden. Darauf schickte er eine Massenmail mit Erklärungen und meinem Wortlaut an alle. Aber etwas später hatte ich wieder eine Diskrepanz. “Hier war ein Fehler, doch habe ich es schon ausgebessert und abgelegt.”, schrieb er mir darauf.
Wir alle sind sehr Ich-zentriert, obwohl wir die Fehler überwiegend bei anderen suchen, ein faszinierendes Paradoxon. Dabei vergessen wir oft, unser Gegenüber stört sich an etwas und dieses Problem hat nichts mit uns zu tun. Es ist seine Wahrnehmung und ihn interessiert es nicht, wie es uns damit geht. Die Kritik neutral zu belassen, ist noch immer eine Herausforderung, aber wenn, macht es alles so einfach.
Gehab dich wohl! Du selbst bist frei.